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  27.2.2016

Fehltritte und Verwechslungen im Theater Chambinzky

WÜRZBURG Eitelkeiten und kleine Geheimnisse – keiner ist frei davon. So schlimm sind sie ja meist nicht. Es sei denn, sie drohen aufzufliegen, Karriere oder Ehe zu zerstören. Dann gibt's Stress: Die Menschen mit nicht ganz reinem Gewissen flüchten zu Flunkereien und halben Wahrheiten, (versuchen zu) verstecken, was (oder wer) sie kompromittieren könnte, sorgen für ein verhextes Verwechslungschaos. Wie in „Hexenschuss oder Der Bandscheiben-Vorfall“.
In der turbulenten Farce des britischen Boulevard-Autors John Graham, die im Theater Chambinzky Premiere feierte, mutieren ein bekannter Fernsehmoderator urplötzlich zum Klempner, der Notarzt zum Handwerker, ein junges Ehepaar zu Versteckspielern in der eigenen Wohnung, die eigentlich als Liebesnest dienen sollte, von der TV-Kollegin des vom Hexenschuss heimgesuchten Lovers der Ehefrau aber für die Praxis eines Therapeuten gehalten wird.
Dass in diesem „Irrenhaus“ zu allem Überfluss auch noch ein blinder Klavierstimmer (herausragend: Wolfgang Stenglin) am Werke ist, der stets einen flotten Spruch auf Lager hat, trägt erheblich zu den Missverständnissen und witzigen Doppeldeutigkeiten bei.
Alles klar so weit?
Auslöser der Turbulenzen, die der attraktiven, pragmatischen Sally Hills (Angelina Gerhardt) mehr und mehr zu schaffen machen, ist eine Reihe unglücklicher und unvorhersehbarer Verkettungen.
Schwamm drüber, dass Peter Raven (Michael Wagner) beim Schäferstündchen patzt, das ihr zu einem Fernsehauftritt verhelfen sollte. Der Vorhang ist vorgezogen, als er sein Rückenzwicken in der Badewanne lindern will.
Pech nur, dass er wegen eines Hexenschusses bewegungsunfähig darin liegen bleibt, obwohl er dringend zu einer wichtigen Konferenz in die BBC muss. Gegenüber Helfern, die ihn erkennen könnten, tarnt sich der „Fernseh-Heilige“ mit einer Sonnenbrille. Doppeltes Pech, dass Ehemann Leonard Hills (Sebastian Schubert) wegen eines Streiks viel zu früh in die vermeintlich leere, sich im Laufe des Stücks mit weiteren Personen füllende Wohnung kommt. Doch auch Leonard sitzt in der Klemme: Die mannstolle Stewardess Annabelle (Lara Herberich) taucht auf zum vereinbarten Liebesspiel mit seinem bestem Freund. Doch von dessen erotischen Abenteuern darf wiederum Sally nichts wissen.
Vergeblich versuchen sich der herbeigerufene Dr. McKenzie (Jürgen Schuhmann als berufener Notarzt mit der „Apothekenumschau“ entnommenen Methoden) und die auf der Suche nach Peter ebenfalls eintrudelnde, überspannte und in Kürzeln redende BBC-Abteilungsleiterin Jocelyn Standing (Harriet Webler) einen Reim auf das Chaos zu machen.
Das ist ob seiner Doppeldeutigkeiten, Missverständnisse und der durchweg forschen Akteure amüsant anzuschauen, auch wenn man sich von Regisseur Manfred Plagens eine Straffung des zweistündigen Stückes gewünscht hätte.

SABINE DÄHN-SIEGEL

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