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  21.12.2001
 

Zigaretten und Alkohol

"Casablanca"-Parodie im Würzburger Theater Ensemble

Würzburg Man nehme den Ton des Filmklassikers "Casablanca", lasse vier Schauspieler in die verschiedenen Rollen schlüpfen und zu den Worten von Rick, Ilsa und Co. die Lippen bewegen. Überdreht man dann noch Mimik und Gestik, hat man eine Parodie.
Dieses Rezept funktioniert im Würzburger Theater Ensemble recht gut. Ein paar Durchhänger gibt es zwar schon in der Inszenierung von Andreas Büettner. Manchmal wird zu sehr nachgespielt und zu wenig parodiert. Aber um 70 Minuten lang das Publikum zu unterhalten, reicht's. Büettner hat den 102-Minuten Film ordentlich gekürzt.
Ein paar Stühle auf der Bühne deuten Rick's Café an oder den Flugplatz oder die Kommandantur oder ein Auto. Eine deutsche Wehrmachts-Mütze macht Marco Peter zum Nazi-Major Strasser, mit weißem Hut ist er dessen Widersacher, der Widerstandskämpfer Laszlo. Esme Koslitz wird mit schwarzer Perücke zur betrunkenen Yvonne (eine komödiantische Glanzleistung), mit blondem Ersatzhaar zu Ilsa Lund. Sams Klavier existiert nur als Pantomime, die von den drei Darstellern dieser Rolle Wolfgang Stenglin am besten drauf hat. Der ist - dann mit Tschako - auch ein wunderbar windiger französischer Kommandant.
Gerade die Beschränkung der Mittel und der Schauspieler sorgt für Spaß. Marco Peter reißt sich den Hut vom Kopf, wechselt die Stellung, stülpt sich die deutsche Kappe über, sprudelt sein Dialog-Teil als Nazi-Offizier, Mütze runter, Hut auf, andere Stellung - wieder ist er Laszlo - Text - Hut runter - Nazi - und so fort. Mit derartigen Komik-Effekten hat auch Ken Campbells Farce "Frank und Stein" - zwei Mann spielen den ganzen Frankenstein-Film - immer wieder Erfolg.
Michael Völkl spielt Rick Blaine. Er liefert eine brauchbare Bogart-Karikatur: Was für ein cooler Mann, der nicht einmal beim Küssen die Zigarette aus dem Mundwinkel nimmt! Wer mag, kann aus diesem Theaterabend vielschichtige Erkenntnisse ziehen. Zum Beispiel, dass es schon der Ausstrahlung von Humphrey Bogart und Ingrid Bergman bedurfte, um eine Geschichte, die statt Charaktere Klischees benutzt, zum Filmklassiker zu machen. Oder: Dass ein richtiger Kerl Alkohol und Zigaretten braucht (und zwar in Mengen). Oder: Was vor 60 Jahren attraktiv wirkte, provoziert heute bestenfalls ein Kichern (mit "Ich seh' dir in die Augen Kleines" kann man anno 2001 keine Frau anmachen). Und wer nichts lernen will, ist bei diesem "Casablanca"-Ulk auch richtig. 

Ralph Heringlehner

 

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