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  14.07.2006

Lebensweise

»Katharina Knie« als Freilichtspiel in Würzburg

WÜRZBURG. Ein unvermutet schönes Plätzchen fürs Freilichtspiel kann der Zuschauer entdecken bei der Zirkuskomödie »Katharina Knie« von Carl Zuckmayer. Das Würzburger Theater Chambinzky ist nämlich heuer mit seinem Sommertheater umgezogen: Vom Rathaushof, wo es immer Klagen gab, hat es nun seinen Spielort auf die Höhen über der Stadt verlegt, auf das Gelände des ehemaligen Tenniscenters am Stein. Im ehemaligen Biergarten der Sportanlage wird der Besucher gleich von Zirkusatmosphäre empfangen: Zwei bunte Wagen mit der Aufschrift »Knie« begrenzen die Seiten der Bühne; dazwischen wird vor dem Zelteingang gespielt.

Wer von Zuckmayers Stück nur fröhliche Unterhaltung erwartet, sollte wissen: Das Bühnengeschehen stimmt oft nachdenklich. Es geht hier auch um das Aufeinandertreffen zweier Lebensweisen: der des Unterhaltungskünstlers ohne Sicherheit, aber mit Stolz auf seine Ehrlichkeit, und der des sesshaften Landbesitzers. Im Mittelpunkt stehen auch eine enge Vate-Tochter-Beziehung und eine Familientradition, die man so leicht nicht abschütteln kann. Inmitten dieses Konfliktfelds ist die Titelheldin hin- und hergerissen zwischen Gefühl und Verstand; Mo Marten kann dies als Katharina überzeugend verkörpern. Regisseurin Gwendolyn von Ambesser wollte in ihrer Inszenierung vor allem glaubhaft Atmosphäre vermitteln und die Poesie des Textes unterstreichen. So gibt die Ausstattung den Geist eines kleinen Wanderzirkus in der Inflationszeit wieder, die Darsteller dürfen in ihrer Dialektfärbung reden. Dietmar Mo-des als Weinbauer Martin Rothacker betont mit seinem Badenser Zungenschlag die Bodenständigkeit, aber auch Gutmütigkeit seines Charakters. Uwe Hansen als dummer August Schmittolini wirkt durch sein hanseatisches Platt wie ein kühler Kopf. Unbestrittener Höhepunkt: seine groteske Leichenrede auf Vater Karl Knie (Oskar Vogel) als Abgesang auf den Zirkus alter Prägung. Am Schluss wird es ernst: Katharina entscheidet sich nach dem Tod des Vaters für die unsichere Existenz einer Zirkusprinzipalin und gegen die bürgerliche Sicherheit an der Seite eines Mannes. Ob das der richtige Schritt ist? 

Renate Freyeisen

 

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