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  10/2005

Das Leben neu wagen

»FrühlingsErwachen« feierte in der Würzburger Werkstattbühne Premieren

In seiner neuen Inszenierung "FrühlingsErwachen" von Frank Wedekind greift Regisseur Manfred Plagens die bekannten Themen des verzweifelten Umgangs jugendlicher mit dem Aufkeimen der ersten Sexualität einerseits und den Anspruch, den Erwartungen der Erwachsenenwelt nicht gerecht werden zu können andererseits sowie die damit parallel verlaufende Unfähigkeit der Eltern, verständnisvoll auf Probleme ihrer Kinder einzugehen, auf und transportiert diesen Generationenkonflikt von einst (Uraufführung 1906) ins Heute. Unverstanden von hilflosen Eltern und abweisenden Lehrern suchen die Hauptprotagonisten Melchior, Moritz und Wendla nach dem Sinn des Lebens, wobei am Ende nur einer diesen tragischen Kampf der Daseinsbewältigung überlebt. Plagens eindrucksvolle Inszenierung lebt von einer kargen Bühnenausstattung, um den Fokus auf die ausdrucksstarke Leistung der Schauspieler zu legen, die den gebotenen Freiraum mit bravouröser Oberzeugungskraft nutzen. Beispielsweise Moritz, dessen Verzweiflung von der Bühne bis in die Herzen der Besucher dringt, wo sie ein beklemmendes Gefühl hinterlässt, aber auch Wendla, deren aufwühlendes Minenspiel wortlos rührt. Nur in einer Szene, in der die Frage nach der weiteren Existenz für Melchiorkumuliert, wird die Bühne - als schwankende Waage - selbst zum Stilmittel zwischen Leben und Tod. Er muss sich entscheiden. Als ihm sein Freund Moritz das Sterben von der Todesseite schmackhaft zu machen versucht, tritt ihm auf der anderen Seite das personifizierte Leben entgegen, und Melchior erkennt, dass es sich trotz aller Widrigkeiten lohnt, das Leben aufs Neue zu wagen. 

Patty Varasano

 

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