Das Leben neu wagen
»FrühlingsErwachen« feierte in der Würzburger
Werkstattbühne Premieren
In seiner neuen Inszenierung "FrühlingsErwachen" von Frank Wedekind greift Regisseur Manfred Plagens die bekannten Themen des verzweifelten Umgangs jugendlicher mit dem Aufkeimen der ersten Sexualität einerseits und
den Anspruch, den Erwartungen der Erwachsenenwelt nicht gerecht werden zu können andererseits sowie die damit parallel verlaufende Unfähigkeit der Eltern, verständnisvoll auf Probleme ihrer Kinder einzugehen, auf und transportiert diesen Generationenkonflikt von einst (Uraufführung 1906) ins Heute. Unverstanden von hilflosen Eltern und abweisenden Lehrern suchen die Hauptprotagonisten
Melchior, Moritz und Wendla nach dem Sinn des Lebens, wobei am Ende nur einer diesen tragischen Kampf der Daseinsbewältigung überlebt. Plagens
eindrucksvolle Inszenierung lebt von einer kargen Bühnenausstattung, um den Fokus auf die ausdrucksstarke Leistung der Schauspieler zu legen, die den gebotenen Freiraum mit bravouröser Oberzeugungskraft nutzen. Beispielsweise Moritz, dessen Verzweiflung von der Bühne bis in die Herzen der Besucher dringt, wo sie ein beklemmendes Gefühl hinterlässt, aber
auch Wendla, deren aufwühlendes Minenspiel wortlos rührt. Nur in einer Szene, in der die Frage nach der weiteren Existenz für
Melchiorkumuliert, wird die Bühne - als schwankende Waage - selbst zum Stilmittel zwischen
Leben und Tod. Er muss sich entscheiden. Als ihm sein Freund Moritz das
Sterben von der Todesseite schmackhaft zu machen versucht, tritt ihm auf der anderen
Seite das personifizierte Leben entgegen, und Melchior erkennt, dass es sich trotz aller
Widrigkeiten lohnt, das Leben aufs Neue zu wagen.
Patty Varasano
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